Eintritt der Zahlungsunfähigkeit
Wenn die Zahlungsunfähigkeit absehbar erkennbar wird, muss der Unternehmer innerhalb gesetzlicher enger Fristen den Gang zum Insolvenzgericht antreten und melden. Damit beginnt ein Prozess, den die Geschäftsführung nicht mehr allein aktiv steuern kann. Der vorläufige Insolvenzverwalter übernimmt Steuerung und Geschäfte - auch wenn die Geschäftsführung offiziell bestehen bleibt. Er entscheidet abhängig von seinem verpflichtend zu erstellenden Gutachten - Insolvenzgründe, Vermögensfeststellung, Gläubigerforderungen, Insolvenzmasse, Quoten - über Regelinsolvenz, Insolvenz in Selbstverwaltung, über Restrukturierung, Fortbestand, Verkauf oder Abwicklung.
Informationshoheit
Allein der formaljuristische Prozess wird für die Geschäftsführung zum Abstimmungs- und Informations- und Koordinationsmarathon über Monate und länger. Involviert allein hier die persönliche anwaltliche Vertretung, plus die die insolvente Gesellschaft vertretenden Prozess- und Verfahrensbevollmächtigten, der Insolvenzverwalter und der Gläubigerausschuss. Bereits hier wird sehr schnell festzustellen sein:
Alle auf allein der rechtlichen Seite Beteiligten in ihren unterschiedlichen Rollen beanspruchen die Informationshoheit nach innen und außen.
Wer mischt mit
Ihren Rollen und Aufgaben entsprechend aus jeweils völlig unterschiedlichen Motiven und Zielen heraus, die wir hier nicht bewerten wollen. Aber damit nicht genug: Nicht selten und sehr schnell werden weitere Gruppen aus unterschiedlichen Motiven heraus aktiv. Alle Stakeholder, fallabhängig Betriebsräte, Gewerkschaften, Beteiligungen, Investoren. Oder auch politische Interessengruppen, soweit die Geschäftsbeziehungen über Kommunen oder Land beispielhaft durch Beteiligungen, Pachtverhältnisse oder Geschäftsbesorgungsverträge bestehen.
Konflikte I Schuldfragen I Öffentlichkeit
Wenigstens einige diese hier beispielhaft und unvollständig aufgezählten Gruppen werden erfahrungsgemäß die Insolvenz aus ihrer subjektiven Sicht darzustellen versuchen. Hier wird nicht selten sehr schnell klar, worum es geht: Um nichts anderes als die Fragen:
Wer hat Schuld an der Zahlungsunfähigkeit? Wie wäre sie vermeidbar gewesen? Wer war nicht bereit, Kompromisse und Lösungen zu finden?
Und natürlich beantworten die Fragesteller auch gleich selbst: Sie stellen fest, wer Schuld hat, sie stellen fest, dass die Insolvenz vermeidbar gewesen wäre, sie stellen fest, dass eine Lösung zwischen den Geschäftspartnern nie gewollt war.
Überspitzt formuliert. Und plötzlich sieht sich die Geschäftsführung im Zentrum von nicht selten auch öffentlich ausgetragenen Vorwürfen, Falschmeldungen, Fehlinformationen, Manipulationen, Fake-News. Selbst wenn die Zahlungsunfähigkeit, nehmen wir das hier einmal an, eines bisher gesunden und wirtschaftlich tragfähigen Unternehmens ausschließlich durch die Corona Krise entstanden ist.
Reaktion I Haltung
In der ersten, verständlicherweise auch persönlichen Emotionalität, begibt sich die betroffene und gefühlt diffamierte Geschäftsführung ungewollt in eine
Verteidigungshaltung, die in den Ideen der internen und öffentlichen Richtigstellung, Rechtfertigungen, Gegendarstellungen bis hin zu öffentlich-agressiven Gegenvorwürfen reichen. Spätestens damit ist die Informationshoheit und mögliche Steuerung bereits aus der Hand gegeben. Denn hier beginnt ein Kommunikationsloop, der aus jeder Reaktion neue Reaktionen generiert. Keine Gewinner möglich.
Wer die Öffentlichkeit für die Austragung von Konflikten benutzt, wird absehbar scheitern.
Bedeutet das, einfach auszusitzen? Auszuhalten? Hinzunehmen? Keinesfalls. Es bedeutet aber: Ich muss alle beteiligten Zielgruppen und meine eigenen Informationsnotwendigkeiten kennen. Muss planen, welche Information und welche Botschaft wann und über welchen Weg zu vermitteln ist. Muss alle Informationen koordinieren. Dabei immer sachlich-informativ kommunizieren, keine Provokationen zulassen, schlaue Abstimmungen zu jeder Pressemeldung und Kommunikation mit jedenfalls den beteiligten Gruppen, die ähnlich sachorientierte Informationspolitik anstreben. Muss entscheiden, wo ich aktiv und proaktiv kommuniziere - oder wo rein reaktiv auf veränderte Situationen zu reagieren ist. Denn in den meisten Insolvenzen und der damit verbundenen Kommunikation git:
Nichts läuft nach Plan.
Dominoeffekte
Von größter Relevanz ist eine kluge und abgestimmt-besonnene Krisenkommunikation vor allem dann, wenn das insolvente Unternehmen Teil einer Unternehmesgruppe ist, deren andere Tochtergesellschaften ähnliche Geschäftsmodell betreiben und auf den gleichen Märkten unterwegs sind. Spätestens hier besteht die größte Gefahr: Durch falsche oder ungenügende Kontrolle und Steuerung der gesamten Krisenkommunikation des betroffenen Unternehmens kann des auch zu Verlusten von Markt- und Markenvertrauen gegenüber den gesunden Schwesterunternehmen kommen. Und Stück für Stück ist gerät die gesamte Gruppe in Schwierigkeiten. Objektiv grundlos. Allein durch Fehlinformationen, Gerüchte, Wahrnehmungen, Annahmen. Hier kommt einer klugen Krisenkommunkation die zentralste Bedeutung zu: Nicht nur in der Begleitung der insolventen Gesellschaft - sondern zukunftsgerichtet in der Vermeidung von geschäftsgefährdenden Kollateralschäden für die weiteren Unternehmen der Gruppe.
meint
maier